Das allwöchentliche Sonntagabend-Blockbuster-Programm begeistert mich trotz Pay-TV irgendwie auch immer seltener und so ist es nicht ungewöhnlich, dass auch ich bisweilen der Tagesschau den Tatort folgen lasse. Immerhin spiegelt dieser quasi den Status quo des deutschen Films/Fernsehens wieder. Aber gerade in dem Zusammenhang lässt sich bisweilen Merkwürdiges feststellen.

Auf den Spuren Hollywoods

Auch wenn ich zugegebener Maßen nicht immer mit voller Aufmerksamkeit der Handlung folge, so kann man den meisten Ausgaben doch zumindest einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen. Seit einiger Zeit ist jedoch festzustellen, dass man experimentierfreudiger wird und vor allem in der Präsentation, also im visuellen Stil und der Atmosphäre der gesamten Inszenierung, durchaus Vorbilder aus der Traumfabrik aufgreift. Der Vorspann ist hiervon ausdrücklich ausgenommen und für manch jüngeren Zuschauer vermutlich sogar ein echter Quotenkiller, aber man kann es halt nicht allen rechtmachen. Nun sehe ich diese Entwicklung ja durchaus mit Wohlwollen, solange wir darüber nicht gleich die Inhalte vergessen und uns auch nur noch in imposanten Bild- und Tonfluten ergehen. Doch heute abend musste ich mal wieder unweigerlich die Ohren spitzen und kurze Zeit später irgendwie unkontrollierbar die Stirn runzeln.

Es gibt halt nicht beliebig viele Töne auf der Tonleiter

Eines gleich vorweg: Ich will niemandem etwas unterstellen. Vielleicht ist alles auch nur Zufall bzw. unbewusstes Handeln. Es hat mich jedoch schon sehr verwundert, wie deutliche Parallelen die beiden Hauptmotive des Scores zu zwei eigentlich nicht unbekannten Werken der eher jüngeren Vergangenheit aus Hollywood aufwiesen. Konrekt geht es dabei um I Am Legend von James Newton Howard und Déjà Vu von Harry Gregson-Williams. Letzterer diente wohl vor allem für die Grundspannung (Suspense) als Vorlage. Jedenfalls war einige Male eine beinahe exakte Kopie des zweiten großen Motivs (Streicher) von Déjà Vu, The Aftermath – welches u.a. zur musikalischen Begleitung des Schocks und Chaos in der ersten Phase nach dem Anschlag auf die Passagierfähre diente, zu hören. Allerdings war es sicher keine 1:1 Adaption und auch nie deutlich genug im Vordergrund, um das wirklich genau sagen zu können. Gleiches gilt auch für die andere Vorlage, welche die eher ruhigen Momente, aber auch den Spannungsabfall nach der Festnahme, der Tatort-Folge begleitete. Die Parallelen zu Newtown Howards Piano-Umsetzung des Hauptmotivs von I Am Legend, unter anderem in einem der Trailer und auf dem Score im Titel I’m Listening zu hören, waren deutlich. Das Stück war jedoch so angepasst, und wenn es wirklich nur darum ging eher unglücklich, dass z.B. die Auflösung nicht dem Original entsprach.

Man könnte sich schlechtere Vorbilder suchen

Mir war so etwas ähnliches schon vor einiger Zeit bei einem Tatort aufgefallen, auch wenn es lange nicht so ausgeprägt war. Eine kurze Recherche zeigt dann auch, dass Regisseur und Komponist schon einige Episoden gemeinsam inszeniert hatten. Nochmal, es geht nicht darum, jemanden zu beschuldigen. Dazu ist der Bereich der Filmmusik zu komplex und die Einflüsse, die jeden einzelnen inspirieren, sind zu vielfältig und allgegenwärtig. Viele Filmkomponisten können kaum verbergen, wer ihre Vorbilder sind oder von wem sie gelernt haben und nicht jeder kann die Arbeit aller anderen kennen. Wenn es allerdings um so große Titel geht, würde ich durchaus davon ausgehen, dass man als Aktiver nicht daran vorbeikommt. Falls es also als Hommage gedacht war, war es vielleicht sogar zu zurückhaltend. Andernfalls war es zumindest ein wenig ungeschickt – vom Fingerspitzengefühl. Und ich meine nicht das handwerkliche – denn das ist zweifelsohne vorhanden.